Geschichte

Geschichte Pommerns


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„Pommern“ bedeutet „Land am Meer“. Den Namen gab dem Lande das westslawische Volk der Pomoranen („Leute am Meer“). Ihr Siedlungsgebiet lag um 1000 n. Chr. zwischen der Weichsel im Osten, der Netze-Warthe-Niederung im Süden, der Oder und deren östlichem Mündungsarm, der Dievenow, im Westen und der Küstenlinie der Ostsee im Norden. Weite Teile des Landes waren mit Wald bedeckt. In den westlich der Oder liegenden Landschaften, welche die pommerschen Herzöge sich erst im Laufe des 12. Jahrhunderts unterwarfen, siedelten Teilstämme der westslawischen Liutizen, auf der Insel Rügen und dem gegenüberliegenden Festland die Ranen. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts entwickelte sich im westlichen Teil des pomoranischen Siedlungsgebietes ein Herzogtum, dessen Schwerpunkt sich um das Jahr 1000 von Kolberg/Belgard ins Odermündungsgebiet mit den Herzogsburgen von Cammin und Stettin verlagerte. Die Herzogsdynastie der Greifen herrschte bis 1637. Ihr erster gesicherter Vertreter war Wartislaw I. Anfang des 12. Jahrhunderts unterwarf der piastische Polenherzog Boleslaw III. Schiefmund das gesamte Siedlungsgebiet der Pomoranen. Er leitete die Christianisierung Pommerns ein.

Die politischen Bindungen an Polen lösten sich schnell wieder auf, und Pommern geriet in den Strudel der Auseinandersetzungen des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen mit Dänemark um den Einfluß an der südlichen Ostseeküste und stand ab 1164 unter sächsischer Oberhoheit. Nach Heinrichs Sturz ließ sich Herzog Bogislaw I. 1181 vor Lübeck von Kaiser Friedrich I. Barbarossa mit Pommern belehnen, das dadurch zum erstenmal mit dem Reich in eine unmittelbare rechtliche Beziehung trat. Doch schon 1185 mußte sich Bogislaw dem Dänenkönig unterwerfen. Bis zum Zusammenbruch der dänischen Großmachtstellung im Ostseeraum (Schlacht bei Bornhöved 1227) blieb Pommern von Dänemark abhängig. Rügen hatten die Dänen sich schon 1168 botmäßig gemacht und es christianisiert. Die aus einem ranischen Geschlecht stammenden Fürsten von Rügen, zu deren Fürstentum auch der nordwestlich des Ryck-Flusses gelegene Teil des heutigen Vorpommern gehörte, waren bis zum Aussterben der Dynastie im Jahre 1325 Lehnsleute der dänischen Könige.

Die Besiedlung Pommerns mit deutschen Bauern und Bürgern, die im 13. Jahrhundert einsetzte, veränderte das schwach bevölkerte Land von Grund auf. Es war ein im wesentlichen von den Herzögen und ihrem ritterlichen Lehnsadel geleitetes Unternehmen. Einzelne Klöster und Stifte taten sich ebenfalls hervor. In die neugegründeten oder zu deutschem Recht umgesetzten slawischen Orte wurden vielfach die ansässigen Slawen sofort einbezogen und nicht selten der slawische Ortsname übernommen (z.B. Stargard, Wolgast); oftmals blieben die Slawensiedlungen neben den deutschen bestehen. Vertreibung der slawischen Bevölkerung kam nirgends vor. Die zahlenmäßige Überlegenheit der Deutschen führte zur sprachlichen Assimilierung der Slawen. Die Eindeutschung Vorpommerns war noch vor dem Ende des 13. Jahrhunderts abgeschlossen und in den westlich von Köslin gelegenen Teilen Hinterpommerns weit fortgeschritten. Mit der bäuerlichen deutschen Siedlung einher ging bis 1350 die Gründung von etwa 50 deutschrechtlichen Städten, teils mit Magdeburger, teils mit lübischem Recht. Die deutsche Siedlung hatte nicht allein eine Vervielfachung der Bevölkerung und die Urbarmachung weiter Landstriche zur Folge, sie bedeutete auch die Einführung neuer Wirtschaftsweisen in Landwirtschaft (Dreifelderwirtschaft, Beetpflug mit drei Teilen) und Handwerk, neuer gesellschaftlicher und rechtlicher Verhältnisse (Stadtbürgertum, persönliche Freiheit der Bauern) und vollendete die Christianisierung des Landes.

Nach dem Fortfall der dänischen Oberhoheit erhob die erstarkende Markgrafschaft Brandenburg, von Kaiser Friedrich II. ermächtigt, Ansprüche auf die Lehnshoheit über Pommern. Diese Ansprüche wurden von Pommern nur widerwillig anerkannt, was manche Kämpfe zur Folge hatte. Erschwert wurde die Stellung Pommerns dadurch, daß es fast stets in zwei Linien des Herrscherhauses aufgeteilt war. Gebietsverluste im 13. Jahrhundert an Brandenburg (z. B. Uckermark und spätere Neumark) wurden durch Erwerbungen im 14. Jahrhundert wieder ausgeglichen (Schlawe, Stolp, Rügen). Erst 1529 akzeptierte Brandenburg im Vertrag von Grimnitz die Reichsunmittelbarkeit Pommerns; es wurde mit der Anwartschaft auf Pommern im Falle des Aussterbens des Herzogshauses abgefunden.

In den großen und mittelgroßen Städten Pommerns entstanden seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bedeutende gotische Kirchenbauten von teilweise gewaltigen Ausmaßen: so die Marienkirchen in Stralsund, Greifswald, Stargard, Kolberg, Stolp oder St. Jakobi in Stettin.

Auch nach der Mitte des 14. Jahrhunderts, in der Zeit der politischen Schwäche, setzte sich die lebhafte Bautätigkeit fort: aufgrund des Reichtums und Selbstbewußtseins der Städte, von denen viele zum Bund der Städtehansa gehörten (z. B. Stralsund, Greifswald, Stettin, Kolberg, Stolp). Die von dem Greifswalder Bürgermeister Heinrich Rubenow angeregte Gründung der Universität Greifswald durch Herzog Wartislaw IX. im Jahre 1456 war die am weitesten ausstrahlende kulturelle Tat im Pommern des 15. Jahrhunderts.

Die Reformation setzte sich in Pommern weitgehend aufgrund des Wirkens des aus Wollin stammenden Johannes Bugenhagen durch (er war Luthers „Doctor Pomeranus“): Die von ihm verfaßte Kirchenordnung nahm ein Landtag 1534 in Treptow an der Rega an.

Der „Croy-Teppich“ (6,8 x 4,32 m) wurde 1554 im Auftrag Herzog Philips I. von Pommern-Wolgast vom niederländischen Künstler Peter Heym geschaffen. Er stellt die Trauung Philipps mit Maria von Sachsen-Wittenberg in Torgau 1536 dar. Die Trauung vollzog Martin Luther. Zu sehen sind in Lebensgröße die Angehörigen beider Fürstenfamilien und die Reformatoren Martin Luther, Philipp Melanchthon und Johannes Burgenhagen. Ernst Bogislaw von Croy, Neffe des letzten Pommernherzogs, vermachte den Tepptich 1634 der Universität Greifswald.

Durch die Einziehung der umfangreichen Ländereien der nun aufgehobenen Feldklöster erweiterten die Herzöge die Grundlage ihrer landesherrlichen Stellung. Noch kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg kam es zu einer gewissen Kulturblüte, als u. a. Augsburger Künstler am Hofe wirkten.

Nach dem Aussterben des Greifenhauses 1637 hätte das Land vertragsgemäß an Brandenburg fallen müssen. Doch standen bereits seit 1631 die Schweden im Land und dachten gar nicht daran, es aus der Hand zu geben. Die schrecklichen Kriegsereignisse löschten die Bevölkerung zu fast zwei Dritteln aus. Am Ende des Krieges war „Pommerland abgebrannt“. Durch den Osnabrücker Friedensvertrag fiel nur Hinterpommern an Brandenburg, während ganz Vorpommern und ein Streifen rechts der Oder an die Krone Schwedens kam.

„Schwedisch Pommern“ war mit Schweden in Personalunion verbunden: Der König von Schweden war auch Herzog von Pommern und als solcher deutscher Reichsfürst; Vorpommern blieb Reichsterritorium.

Die brandenburgischen Herrscher waren bestrebt, die ihnen 1648 vorenthaltenen Teile Pommerns doch noch zu gewinnen. Dies gelang ihnen schrittweise. So erhielt Brandenburg im Frieden von Stockholm, der zu den Friedensverträgen am Ende des Nordischen Krieges (1700-1721) gehörte, durch Kauf das südliche Vorpommern bis zur Peene. Die Regierung, welche Brandenburg für Hinterpommern eingerichtet hatte, siedelte deshalb 1723 von Stargard nach Stettin über, die Schweden verlegten die Regierung für den ihnen verbliebenen Anteil von Stettin nach Stralsund. Im übrigen versuchte Schweden nicht, den Pommern schwedische Sprache und Kultur aufzuzwingen. Die Verwaltung lag fast ausschließlich in den Händen von Einheimischen. Doch kamen Schweden als Soldaten oder als Studenten der Universität Greifswald ins Land. Umgekehrt stand den Pommern auch der Weg nach Schweden offen, den z.B. der aus Stralsund stammende Chemiker Karl Wilhelm Scheele, der Entdecker des Sauerstoffs, ging.

Während die brandenburgisch-preußischen Herrscher Pommern eine oft als hart empfundene Fürsorge zuwandten, kümmerte sich Schweden, selbst arm und unterentwickelt, kaum um das Land, zumal Pommern nach den Zusammenbruch der Großmachtstellung Schwedens diesem auch machtpolitisch kaum mehr nützlich sein konnte. Am verhängnisvollsten war die schwedische Herrschaft in sozialer Hinsicht. Die Lage des Bauernstandes hatte sich in Pommern bereits seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verschlechtert. Der Bauer war mehr und mehr in die Leibeigenschaft der adligen Grundherren herabgedrückt worden. Infolge des „Bauernlegens“, d.h. des Einziehens von Bauernstellen durch den Grundherrn, entstanden große adlige Güter. Dieser ungünstigen Entwicklung wurde besonders in Schwedisch-Pommern freier Lauf gelassen, wohingegen im brandenburgischen, dann königlich preußischen Pommern Anstrengungen gemacht wurden, den Bauernstand zu erhalten. Entwässerung von Sümpfen, Ablassung kleinerer Seen, Senkung größerer Seen ermöglichten die Ansiedlung von bäuerlichen Kolonisten, die aus anderen Teilen Deutschlands kamen.

Während des Siebenjährigen Krieges (1756-63) war Vorpommern Ort von Kampfhandlungen zwischen Schweden und Preußen; Hinterpommern wurde durch russische Truppen schwer in Mitleidenschaft gezogen. In der Napoleonischen Zeit erlebte Schwedisch-Pommern eine mehrjährige französische Besetzung. Die Verteidigung der Festung Kolberg durch Gneisenau im Jahre 1807 hob sich vor dem Hintergrund des fast widerstandslosen Zusammenbruchs Preußens bewußtseinsprägend ab.

1815 (Wiener Kongreß) fiel der nördlich der Peene liegende Teil Pommerns mit Stralsund, Greifswald und der Insel Rügen, bisher schwedisch, an Preußen.

Pommern war nach 170 Jahren wieder vereint, jetzt als preußische Provinz, die sich in die drei Regierungsbezirke Stralsund, Stettin und Köslin gliederte. Die brandenburgischen Kreise Dramburg und Schivelbein wurden Pommern zugeschlagen. Die Provinz zählte 1816 682000 Einwohner. Die Selbstverwaltung verkörperte sich vor allem im Provinziallandtag.

Der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten war in Pommern höher als in den meisten anderen Gebieten Deutschlands (1895: 54%). Infolge der Stein-Hardenbergschen Reformen errangen die Bauern zwar ihre Freiheit, doch verminderte sich die Zahl der Bauernhöfe und vergrößerte sich der Großgrundbesitz. Insgesamt gesehen vervielfachte sich im 19. Jahrhundert aber die landwirtschaftlich genutzte Fläche: Pommern wurde zum wichtigsten landwirtschaftlichen Überschußgebiet Deutschlands.

Mit seiner langen Küste war Pommern auch das wichtigste deutsche Fischereiland. Die Industrie diente großteils der Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Bedeutend war in Stettin die Metallindustrie (Werften, Fahrzeugwerke). Die pommersche Hauptstadt entwickelte sich zum wichtigsten deutschen Ostseehafen und zu einem Schwerpunkt des europäischen Handels. Ab 1843 war Stettin durch die Eisenbahn mit Berlin verbunden. Es war die einzige Großstadt des Landes (1900: 210702 Einwohner).

Lebhaft stieg der Fremdenverkehr in den zahlreichen Ostseebadeorten an (z. B. Binz, Heringsdorf, Misdroy, Kolberg); Pommern war das bedeutendste deutsche Seebäderland.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich ein bescheidenes, aber gediegenes kulturelles Leben, vorwiegend in Stettin; hier wirkte der Komponist Carl Loewe 46 Jahre als städtischer Musikdirektor, der 400 Musikballaden komponierte.

Zwischen 1820 und 1850 prägte, vor allem in Hinterpommern, eine teils aus lutherischer, teils aus pietistischer Wurzel sich nährende Erweckungsbewegung das religiöse Leben. Das politische Leben bestimmte weithin der konservative grundbesitzende Adel, daneben regte sich, besonders in Stettin, der liberale Freisinn. Doch gaben infolge des in Preußen herrschenden Wahlrechts die Wahlergebnisse die Stimmung nur verzerrt wieder. Der Sozialdemokratie gelang es 1893 erstmals in einem pommerschen Wahlkreis, einen Abgeordneten in den Reichstag zu schicken.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Pommern, weil der größere Teil Westpreußens an Polen abgetreten werden mußte, Grenzland. In der Weimarer Republik pendelte Pommern zwischen den Deutschnationalen (Reichstagswahlen Dezember 1924: 49,1 %) und den Linksparteien (1928 SPD und KPD zusammen 36,6%); doch am Ende der Weimarer Republik war die NSDAP die wählerstärkste Partei in der Provinz (Reichstagswahlen November 1932: 43,1 %). Im Widerstand gegen das NS-Regime betätigten sich aus konservativer und christlicher Gesinnung viele pommersche Adlige (Ewald von Kleist-Schmelzin, Reinhold von Thadden-Trieglaff, Elisabeth von Thadden). Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Pommern durch die Sowjetarmee erobert.

Infolge der Potsdamer Vereinbarungen der Siegermächte wurden im August 1945 die östlich der Oder und der Swine gelegenen Teile des Landes der Verwaltung Polens unterstellt. Entgegen den Vereinbarungen unterstellten die Sowjets im Herbst 1945 auf polnischen Wunsch auch Swinemünde und Stettin, in dem bereits wieder eine deutsche Stadtverwaltung zu arbeiten begonnen hatte, samt einem umfangreichen Vorland westlich von Stettin der polnischen Verwaltung. Die Bevölkerung des Polen unterstellten Hinterpommerns – 1939 wohnten dort fast 2 Millionen Menschen – wurde aus ihrer Heimat vertrieben.

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Quelle: „Die Oder“, in „Deutschland und Europa“ , Zeitschrift hrsg, von der Landeszentrale für Politische Bildung – Onlineausgabe

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